Zusammenfassung des Buches:
La petite guerre au XVIIIe siècle, Paris, Economica, 2010, 685 S.

in : Schweizerische Vereinigung für Militärgeschichte und Militärwissenschaften, Newsletter, Februar 2011 [reproduction avec l’aimable autorisation de l’ASHSM / SVMM].

Im 18. Jahrhundert wurden in Kriegen begrenzte Ziele verfolgt: es ging nicht um die Vernichtung des Gegners, sondern in erster Linie um die Pfandnahme. Über solche Pfänder konnte anschliessend im Frieden verhandelt werden. Armeen setzten sich fest, um Stellungen zu verteidigen und Stützpunkte zu nehmen; davon zeugen die häufigen Belagerungen. Die Streitkräfte waren schwer und langsam, die Führung eines Bewegungskrieges war schwierig. Schlachten liessen sich folglich nicht gewinnen und Entscheidungen herbeiführen, indem der geschlagene Feind verfolgt wurde. Charakteristik für den „Kleinkrieg“ waren Überraschung, Hinterhalte, Geplänkel und Anschläge, aber auch Geleitschutz, das Eintreiben von Abgaben und die Suche nach Fourrage. Als Teil einer defensiven oder offensiven Strategie zielte diese Form des Krieges auf die Erschöpfung des Gegners, nicht zuletzt durch die notwendige stetige Wachsamkeit und ununterbrochene Bewegung. Dadurch konnte ein Kleinkrieg zu ebenso entscheidenden Ergebnissen führen wie eine Schlacht.

Vor allem in der Vorstellung ihrer Anführer waren die Operationen der leichten französischen Truppen nicht mehr, wie noch im vorangegangenen Jahrhundert, darauf ausgerichtet, zu plündern oder ganze Landstriche zu verwüsten. Das Recht, Beute zu machen, zuvor oft die hauptsächliche Motivation der Soldaten, bestand zwar weiterhin, wurde aber beschränkt und überwacht. Auch auf dem Gebiet des „Kleinkriegs“ lässt sich ein Übergang vom „Krieg der Altvorderen“ zum „eingehegten Krieg“ konstatieren. Befehlen zu gehorchen und gleichzeitig die Bevölkerung zu achten, war indessen eine schwierige Gratwanderung, zumal die leichten Truppen auch die Aufgabe hatten, Abgaben einzutreiben. Diese bildeten die wichtigste Form der Verproviantierung von Armeen und waren von der Bevölkerung wohl oder übel zu entrichten. Entgegen dem Willen der Anführer blieben Plünderungen und Diebstahl an der Tagesordnung, ebenso wie willkürliche Gewalt, Vergeltungsmassnahmen und Geiselnahmen. All dies sollte die Entrichtung von Abgaben sicherstellen, die Sicherheit der Truppen gewährleisten oder die Richtigkeit von Informationen garantieren.

Der „Kleinkrieg“ war in Frankreich verpönt; die Söldnertruppen der königlichen Armee wie auch die leichten Truppen waren ungern und nicht ohne Vorurteile gesehen. Viele Offiziere betrachteten die Husaren der französischen Armee als mitleidlose Reiter, welche die Gesetze des Krieges nicht beachteten, ähnlich wie ihre ungarischen Kameraden, die in Paris im Ruf der zügellosen Raserei standen. Allerdings gibt es auch einen militärischen Grund für die Geringschätzung des „Kleinkrieges“. Das Offizierskorps sah nämlich in den methodischen Belagerungen die optimale Art und Weise, eine Entscheidung herbeizuführen, und im linearen Kampf die ehrenhafteste Form der Kriegführung. Der aus dem Mittelalter überlieferte militärische Ehrenkodex bildet diesbezüglich ein intellektuelles Korsett, ebenso die taktische und operative Routine, ein Erbe aus dem Kampf in Stellungen, wie er nach dem Tod von Turenne Triumphe feierte. „In den Krieg zu ziehen“, d.h. den „Kleinkrieg“ zu führen, galt als eine Kampfform, welche der adligen Ethik diametral widersprach.

Nach 1740 versuchten französischen Autoren, welche den „Kleinkrieg“ als erste behandelten, eine Rehabilitation desselben, indem sie nachwiesen, dass Armeen ohne ihn nicht auskämen. Sinnigerweise existieren mehr Übersetzungen dieser Werke als nationale Neuauflagen. Grossbritannien allerdings zeigte nur wenig Interesse, ganz im Unterschied zu den deutschen Staaten, wo sich die Veröffentlichungen über diesen Gegenstand ab 1780 häuften. In Österreich dagegen lässt sich nur wenig Schriftgut über den „Kleinkrieg“ finden, was umso mehr erstaunt, als dass sich die Husaren und Irregulären der verschiedenen Länder der Habsburger Monarchie gerade darin besonders auszeichneten. In seiner Untersuchung über Taktik kämpfte Guibert zwar gegen den Formalismus und die taktische und strategische Routine, er glaubte aber ebenso wenig an den „Kleinkrieg“ wie an die leichten Truppen. Im Zuge der zahlreichen Misserfolge im Siebenjährigen Krieg wurden diese schliesslich abgeschafft [in 1776].

 

[Anmerkung von Sandrine Picaud-Monnerat: man müsste dazu noch hinzufügen, einige leichten Truppen wurden wieder bald in Frankreich geschaffen (Bataillone von „Chasseurs“ in 1779 und 1784), was die Unentschlossenheit der aufeinanderfolgenden Regierungen ausweist. Man furchte nämlich, die leichten Truppen würden von den Parteigängern zu viel unabhängig geführt; eine gewisse Unabhängigkeit erwies sich doch positiv für die Erfolge auf dem Terrain. Für die Regierung hiess es also, ein Gleichgewicht zwischen Überwachung der leichten Truppen und Leistungsfähigkeit zu errichten.]